Werbung und Markenkommunikation setzt schon lange auf Trends. In der Vergangenheit kündigten sich diese langfristig an, zogen wie sanfte Hügel ihre Bahnen durch den medialen Ozean und waren vom Ufer aus gut zu erkennen, lange bevor sich die Meinungswelle am Strand brach. Soziale Medien und die Digitalisierung von werblicher Kommunikation haben das geändert. Heute flirren Minitrends durch die sozialen Medien, immer öfter begleitet von situativer Markenkommunikation.
Das Bedürfnis, schnell zu erkennen was gerade läuft, hat eine ganz neue Industrie geschaffen: das Echtzeit-Monitoring.
Die Meisterin dieser adaptiven Kampagnen ist seit langem die Autovermietung Sixt, die zu jedem Großereignis spätestens am Folgetag eine knackige Kampagne präsentiert.
Marke, Echtzeit und Emotion: eine explosive Mischung
In der Trump-Ära kommt zur Geschwindigkeit, mit der Kommunikatoren Kampagnen fahren, die Emotion hinzu. Empörung und Betroffenheit eignen sich dabei besonders gut als werbliche Trägerwelle.
G20 zeigt auch Beispiele einer neuen Form von Kommunikation
Hierbei kann man grundsätzlich drei Arten von sozialer Kommunikation unterscheiden:
- Die Marke als Player
- Die Marke als Replyer
- Die Marke als Follower
1. Die Marke als Player
In den USA haben schon der Wahlkampf und die ersten Monate der Amtszeit von Donald Trump gezeigt, dass es sich für Marken lohnen kann, eine Haltung einzunehmen. Zu G20 hat beispielsweise Fritz Kola mit einer großen Plakatkampagne im Norden Deutschland gezeigt, wie das geht: mit eindrucksvollen Portraits der Gipfelteilnehmer und eindeutigen Anspielungen auf eskalierende Demonstrationen (“Nur Wasserwerfer machen wacher””).
Player kann man aber auch ohne das eigene Zutun werden. Als Chaoten die Rewe-Filiale im Schanzenviertel plünderten, malten Demonstranten am nächsten Tag Plakate, auf denen ”Je suis Rewe” zu lesen war. Eine Einladung an die Marke Rewe, sich an der Diskussion im sozialen Raum #G20 zu beteiligen.
2. Die Marke als Replyer
Schneller als Rewe war in den aufgeheizten Stunden während der Demonstration “Welcome to hell” in Hamburg der Konkurrent Edeka. Ein Anwohner hielt, anscheinend ungeplant, ein Schild in die Höhe, auf dem ”Ich bin Anwohner und gehe nur schnell zu Edeka” zu lesen war. Edeka reagierte schnell via Facebook und postete zurück: ”Lieber Anwohner, geh ruhig wieder nach Hause, wir bringen dir gerne deine Einkäufe.”
3. Die Marke als Follower
Manchmal ist es angezeigt, sich als Marke so lange ruhig zu verhalten, bis sich der Staub ein wenig gelegt hat. Ein paar Tage nachdem Vermummte durch den Hamburger Stadtteil Altona zogen, macht sich die Mercedes Benz Niederlassung Hamburg daran, unter dem Motto “Wir geben Hamburger Familien ihre Mobilität zurück”, kostenlos Fahrzeuge an Familien zu verleihen, deren Auto bei den G20-Protesten ausgebrannt sind.
Nicht jede Marke eignet sich für diese Form der Protestkommunikation, bei der die Anliegen und die Konsequenzen von Massenprotesten oder Katastrophen zur Schärfung des Markenbildes genutzt werden. Für einige stellt sich auch die Frage, vor allem wenn die Kommunikation im Vorfeld passiert, ob die Wirkmacht der Wirklichkeit nicht doch schädlich werden kann.
So richtig witzig kommt das Motiv von Fritz Kola derzeit nicht mehr rüber.
Der Autor ist General Manager der Digitalberatung MAVENS in Hamburg-Altona. Am Freitag schafften es gerade einmal drei Kollegen zur Arbeit — die anderen mussten wegen #G20 zuhause bleiben.
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